Kaltblütiger Mörder oder psychisch kranker Mann?

Im Deutschunterricht wurde Büchners „Woyzeck” behandelt, ein klassisches Drama, das die Geschichte eines armen Soldaten erzählt, der von seiner Umgebung und den Umständen seines Lebens zermürbt wird. Ein Theaterbesuch ermöglichte den Schülern, das Stück live zu erleben und die verschiedenen Facetten von Woyzecks Charakter zu erkunden.

Im Literaturunterricht bei Frau Radas folgte dann eine tiefere Analyse, die eine andere Sichtweise auf die Figur des Woyzeck einnahm. Die Frage, ob Woyzeck ein kaltblütiger Mörder oder ein psychisch kranker Mann war, der möglicherweise auch Opfer seiner Umwelt wurde, stand im Zentrum der Diskussion.

Der Angeklagte wird in den Gerichtssaal geführt.
Modernste Spurensicherung kam zum Einsatz bei der Beweisführung.

Der historische Fall von Woyzeck endete vor 200 Jahren mit einem Schuldspruch und seiner öffentlichen Hinrichtung in Leipzig. Er wurde für zurechnungsfähig erklärt. Doch im Rahmen eines literarischen Experiments wurde der Fall im Kontext des modernen Strafgesetzbuches neu aufgerollt. Die Grundlage dieser Neuinterpretation bildeten das literarische Werk selbst, Auszüge aus dem psychologischen Gutachten von Hofrat Clarus aus dem Jahr 1821 und Auszüge aus dem aktuellen Strafgesetzbuch der Bundesrepublik Deutschland.

In einer authentischen Gerichtsverhandlung, in der zahlreiche Rollen wie Richter, Staatsanwalt, psychologische Sachverständige, Verteidiger und Zeugen besetzt wurden, wurde die Beweisaufnahme akribisch vorbereitet und mit zahlreichen Beweisfotos belegt.

Das gefällte Urteil nach dieser zeitgenössischen Betrachtung des Falls war eindeutig: Woyzeck wurde nicht als kaltblütiger Mörder, sondern als psychisch kranker Mann betrachtet. Das Gericht ordnete seine Einweisung in eine psychiatrische Anstalt an, was darauf hindeutet, dass er eher Opfer seiner Umstände war als ein Täter aus freiem Willen.

Nahm das Urteil scheinbar entspannt entgegen.